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Aktualisiert: 1. Okt. 2021

Im Englischen gibt es den Ausspruch: „Health is wealth!“. Natürlich gilt das für alle Spezies, die auf diesem Planeten leben. Aufgrund des Umstands, dass Schimpansen als bedrohte Spezies gelten ist es selbstverständlich, dass auch für sie Gesundheit eine kritische und entscheidende Rolle spielt. Deshalb wollen wir heute das Thema Gesundheit etwas genauer betrachten. Dafür wollen wir einigen Fragen auf den Grund gehen, wie zum Beispiel: Warum steigt die Mortalitätsrate? Welche Einflüsse hat die Pandemie auf die Gesundheit der Schimpansen? Haben Schimpansen die Fähigkeit zur Selbstmedikation? Zu guter Letzt wollen wir dann noch einen Blick auf die Richtlinien werfen, die an unserem Forschungsstandpunkt angewandt werden, damit die Gesundheit der Schimpansen nicht gefährdet wird.


Bezüglich der Mortalitätsrate gibt es zum einen natürliche Gründe. Dazu gehören Krankheit, Kämpfe zwischen verschiedenen Horden oder aggressives Verhalten zwischen Schimpansen unabhängig von der Horde der sie zugehörig sind. Diese Befunde lassen sich mit vernachlässigbaren Abweichungen überall feststellen. Nichtsdestotrotz gibt es auch andere Gründe, wie beispielsweise Verlust von Lebensraum (durch den Menschen) oder Wilderei. Im Großen und Ganzen sterben die verbleibenden Schimpansen die es gibt aber an natürlichen Krankheitsverläufen. Spitzenreiter sind hier die Atemwegserkrankungen (Williams und Kollegen, 2008). Jedoch ist nicht zu vernachlässigen das der Kontakt von Mensch und Schimpanse dazu führen kann, dass Viren oder Bakterien ihren Weg in den Lebensraum den Schimpansen finden. Passiert das, fehlen den Schimpansen in der Regel die Möglichkeiten das drohenden Unheil über ihr Immunsystem abzuwenden. Unabhängig davon ist auch noch wichtig zu sagen, dass auch die Überlebensrate von kleinen Schimpansen sehr gering ist, falls die Mutter frühzeitig verstirbt (Williams und Kollegen, 2008).


Aggressionen zwischen verschiedenen Schimpansenhorden wirken sich am stärksten auf die Männchen aus, aber auch die kleinen Schimpansen werden teilweise in Mitleidenschaft gezogen, unabhängig vom Geschlecht (Mitani und Kollegen, 2010). Gründe für das Davonscheiden nach dem Aufeinandertreffen der Horden sind in der Regel starke Verletzungen, denen die Schimpansen dann anschließend erliegen. Aggressionen, die vom Menschen ausgehen (Wilderei), sind ein afrikaweites Thema. Die Präsenz von Wissenschaftlern kann sich zwar gut auf Letzteres auswirken (als Lesetipp hier unser Artikel „Warum Forschung Schutz bedeutet!“), kann aber genauso gut das Risiko erhöhen, dass Krankheiten von Mensch auf Schimpanse übertragen werden (Köndgen und Kollegen, 2008).


Die Pandemie hatte starken Einfluss auf uns Menschen, aber wie steht es um unsere evolutionär engen Verwandten? Ist SARS-CoV-2 auch ein Problem für sie? Die Antwort ist ja und schimmerte schon ein wenig durch unseren bisherigen Beitrag hindurch. Zum einen kann es durch Forschungsarbeit mit habituierten Schimpansen passieren, jedoch sind Wilderei und Affentourismus auch Teil der Gleichung. Der Affentourismus stellt sich als Dilemma dar, da er in vielen Ländern auch eine wichtige Quelle an Einnahmen darstellt, die dem Risiko der Krankheitsübertragung gegenübersteht. Verluste von Einnahmen könnten sich wiederum negativ auf die Maßnahmen zur Erhaltung von Schimpansen auswirken. Bei uns in Loango hat aufgrund der Gefahren die von UNS ausgehen der Schutz der Schimpansen höchsten Stellenwert.


Nun gut… jetzt ist aber erstmal Schluss mit dem Negativen und wir wechseln zu etwas interessanterem! Es gibt nämlich die Vermutung, dass traditionelle Heilmedizin sich daraus entwickelt hat, dass unsere Vorfahren sich das Verhalten bei anderen Tieren abgeschaut haben. Schimpansen sind hierbei nur eine von vielen Spezies die bei Selbstmedikation beobachtet wurde (Huffman, 2001). Dabei machen sie sich die Ressourcen ihrer Umgebung zu nutze. Dieses Verhalten nennt man auch Zoopharmakognosie (Daoudi, S., 2016). Die zwei markantesten Verhaltensweisen, die man diesbezüglich beobachten konnte sind das Schlucken von Blättern und Kauen auf bitteren Kernen. Erste Beobachtungen dazu stammen aus Tansania und Uganda (Huffman, 2001). 1983 waren Wissenschaftler überrascht als sie bei Schimpansen feststellten, dass diese die Blume Aspilia zu sich nahmen. Überraschend war es, weil die Aspilia keinen Nährwert für die Schimpansen hatte (Wrangham und Kollegen, 1983). Erst 13 Jahre später fand man heraus, dass dieses Verhalten mit Selbstmedikation in Verbindung steht. Die Schimpansen versuchen sich über die Einnahme der Aspilia von einem Parasiten zu befreien (Huffman und Kollegen, 1996). Dabei ist interessant, dass die Blätter rau und stachelig sind. Diese Eigenschaft ermöglicht es, dass die Blätter am Parasit haften bleiben und er über das Verdauungssystem ausgeschieden werden kann. Nun aber auch noch zu den besagten bitteren Kernen. Diese stammen von der Vernonia Amygdalina. Auch hier haben Wissenschaftler festgestellt, dass ihr Konsum mit schlechter Gesundheit in Verbindung steht. Was bewirken die Kernen der Vernonia Amygdalina? Sie helfen bei einer Wurminfektion! Eine Studie von Huffman (2001) zeigte, dass die Symptome der Infektion circa 20-24 Stunden nach er Einnahme der Kerne besser wurden. Es werden aber noch mehr Pflanzenspezies genutzt! Jedoch haben sie alle eines gemeinsam: die raue und stachelige Oberfläche. Die Dosis der Medikation kann variieren (~1-60 Blätter).


Bilderquellen: João Medeiros und Forestowlet


Nun aber doch noch einmal zurück zu uns Menschen. In unserer sich stetig verändernden Welt kommen Menschen und andere Spezies unweigerlich in Kontakt. Wie bereits weiter oben beschrieben hat der Kontakt mit uns für die andere Seite meist keine so rosigen Folgen. Schimpansen und auch andere Menschenaffen werden durch den Menschen und seinen Expansionsdrang und die daraus resultierenden Folgen für ihren Lebensraum immer wieder auf die Probe gestellt. Jedoch wurden gerade für solche Umstände Richtlinien für den Umgang entwickelt um Gesundheit und Sicherheit nicht noch weiter zu gefährden. Bei uns in Ozouga wenden wir daher streng die „Best Practice Guidelines for Great Ape Tourism“ (2010) der „International Union for Conservation of Nature“ (IUCN) an. Auch wenn der Name nicht direkt darauf hinweist, gelten diese Regularien für Forschungsstationen weltweit! Diese Richtlinien vermitteln wie wir ethisch korrekt in geteilten Lebensräumen (Mensch versus Schimpanse in unserem Fall) agieren können. Die wichtigste Regel für die Interaktion hierbei ist DISTANZ! Hier ist sogar festgelegt das es einen Abstand von acht Metern geben muss. Eine Regel, die wir auch bereits vor der Pandemie sehr ernst genommen haben! Zusätzlich dazu gilt, dass unser Einfluss auf das tägliche Leben der Schimpansen sich auf das Minimum begrenzt. Eine weitere wichtige Regel ist das Tragen von Mund-Nasen-Masken. Wissenschafts- und Tourismusprojekte konnten feststellen, dass wir über unseren Atemtrakt einige Krankheitserreger übertragen können, die fatale Folgen für die Schimpansen haben können. Dazu gehören zum Beispiel das humane respiratorische Synzytial-Virus (HRSV), das humane Metapneumovirus (HMPV) oder das Rhinovirus. Das Tragen von Masken ist einfach umsetzbar, günstig und hat sich als effektiv erwiesen!


Zusätzlich zu diesen Regularien gibt es aber auch noch einen anderen wichtigen Aspekt: das Einhalten von Hygienemaßnahmen. 2017 haben wir eine „Hygienebarriere “ in unserem Camp errichtet, die eine klare Trennung von Arbeit in- und außerhalb des Camps ermöglicht. Dazu lagern wir die Kleidung aus der Feldforschung in einer Hütte und jeder muss sich umziehen, wenn man von einem langen Tag wieder zum Camp zurückkommt. Das Händewaschen ist über den ganzen Tag hinweg obligatorisch. Zudem gibt es strenge Regeln, was im Regenwald bleiben darf und was nicht. Wer den ganzen Tag unterwegs ist der muss auch mal auf Toilette. Da das Hinterbliebene aber potentielle Gefahr birgt wird es mit ins Camp genommen und dort entsorgt. Zudem darf auch nur gesundes Personal mit. Wird man mal etwas krank begibt man sich in Quarantäne. In schlimmeren Fällen muss man auch schon mal die Forschungsstation verlassen.

In den letzten Jahren haben wir auch ein Langzeitüberwachungssystem für unsere habituierten Schimpansen eingeführt. Wir überprüfen die Gesundheit unseren Schimpansen täglich und schauen ob sie Krankheitssymptome (Schnupfen, Husten, Diarrhö) aufweisen. Zudem überwachen wir auch den Genesungsprozess von Verletzungen gründlich. Wenn wir einen Schimpansen ausfindig machen der Krankheitssymptome aufweist heften wir uns an seine Fersen (natürlich nach den oben beschriebenen Richtlinien) und versuchen Proben von Blut, Urin oder Kot zu sammeln, wenn es möglich ist. Mithilfe dieser Daten haben wir einen guten Überblick über die Gesundheit unserer Schimpansen.


Wir haben nun ausgiebig erklärt, was wir tun um die Schimpansen in Ozouga bestmöglich zu beschützen. Gibt es etwas was Sie tun können? Natürlich! Sie können uns unterstützen indem Sie die Öffentlichkeit über unsere bedrohten Schimpansen in Kenntnis setzen. Falls es Ihnen möglich sein sollte uns eventuell finanziell zu unterstützen, damit wir unsere Arbeit und damit auch indirekt den Schutz der Schimpansen gewährleisten können wären wir Ihnen auch sehr dankbar. Sollte Letzteres möglich sein folgen sie dem Link, um zu unserem Spendenkonto zu gelangen.


Das war es von uns fürs erste, wir hoffen wir konnten Ihnen ein paar neue und interessante Einblicke bieten. Bis demnächst!


Mit besten Grüßen,

Das Ozouga-Blogging-Team


Quellen:


  1. Daoudi, S. (2016, June 2). How other primates self-medicate – and what they could teach us. The Conversation. https://theconversation.com/how-other-primates-self-medicate-and-what-they-could-teach-us-59869

  2. Wrangham, R.W., Nishida, T. Aspilia spp. Leaves: A puzzle in the feeding behavior of wild chimpanzees. Primates 24, 276–282 (1983). https://doi.org/10.1007/BF02381090

  3. Huffman, M.A., Caton, J.M. Self-induced Increase of Gut Motility and the Control of Parasitic Infections in Wild Chimpanzees. International Journal of Primatology 22, 329–346 (2001). https://doi.org/10.1023/A:1010734310002

  4. HUFFMAN, M. A. (2001). Self-Medicative Behavior in the African Great Apes: An Evolutionary Perspective into the Origins of Human Traditional Medicine. BioScience, 51(8), 651. https://doi.org/10.1641/0006-3568(2001)051

  5. Köndgen, Sophie et al. “Pandemic human viruses cause decline of endangered great apes.” Current biology : CB vol. 18,4 (2008): 260-4. doi:10.1016/j.cub.2008.01.012

  6. Williams, J M et al. “Causes of death in the Kasekela chimpanzees of Gombe National Park, Tanzania.” American journal of primatology vol. 70,8 (2008): 766-77. doi:10.1002/ajp.20573

  7. Mitani, J. C., Watts, D. P., & Amsler, S. J. (2010). Lethal intergroup aggression leads to territorial expansion in wild chimpanzees. Current Biology, 20(12), R507–R508. https://doi.org/10.1016/j.cub.2010.04.021

  8. Best practice guidelines for great ape tourism | IUCN Library System. (2010). Best Practice Guidelines for Great Ape Tourism. https://portals.iucn.org/library/node/9636


  • yhardt0
  • 13. Aug. 2021
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 2. Okt. 2021


Wir haben in einem unserer vorherigen Artikel ("Der Alltag der Schimpansen") davon erzählt, was Schimpansen den ganzen Tag so treiben. Heute wollen wir uns tiefgehender mit dem Thema Essen auseinandersetzen. Zudem wollen wir auch einem Aberglaube auf die Schliche kommen, dem Sie vielleicht auch verfallen sein könnten. Dazu kommt, dass wir das heutige Thema nutzen wollen, um auch ein paar Einblicke in das prosoziale Verhalten der Schimpansen zu bekommen. Dazu zählen wir das Teilen von Essen, das Nutzen von die Weitergabe von Fähigkeiten mit Werkzeugen.


Fangen wir zunächst einmal mit dem Aberglauben an, den wir auch wenn wir ihn selbst nicht glauben, bestimmt schon an vielen Stellen aufgeschnappt haben. Und zwar das Schimpansen und andere (Menschen)-Affen Bananen lieben, denken Sie nur einmal an den Disney-Film "Das Dschungelbuch" zurück. Aber natürlich ist das nicht der einzige Beweis, den wir hier anführen möchten. Ihnen fallen sicher noch mehr ein. In den Mainstreammedien werden Schimpansen schon seit Jahrzehnten als "bananenliebend" dargestellt. Nichtsdestotrotz gibt es in jüngerer Zeit immer mehr Zoos, die Bananen von der Speisekarte ihrer Schimpansen streichen, weil der hohe Zuckergehalt und die damit einhergehenden Konsequenzen Gesundheitsprobleme, wie zum Beispiel kariöse Zähne und Diabetes verursachen können. Jedoch steckt, wie auch in vielem anderen Aberglaube ein Körnchen Wahrheit. Schimpansen mögen Bananen schon sehr gern. Ein möglicher pseudo-"wissenschaftlicher" Grund dafür könnte eine Studie aus den 1930ern sein. Dort fand man heraus das Affen in Gefangenschaft Bananen stark gegenüber anderen Futterarten präferierten. Bananen waren knapp hinter Trauben (die wiederum auf dem 1. Platz verortet waren) angesiedelt (Katz & Katz, 1936). Diese Information hat es aus irgendeinem Grund in viele Futterrichtlinien von Zoos geschafft. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, das die Banane eine von Menschen domestizierte Pflanze ist. Das bedeutet, dass wilde Schimpansen in der Regel nicht in Berührung mit dieser Köstlichkeit kommen.


Schimpansen sind hauptsächlich Frugivore (ca. 2/3 ihrer Ernährung basiert auf Früchten) und werden in der Literatur deswegen auch oft als "Fruchtspezialisten" bezeichnet. Jedoch essen sie auch Blätter, Insekten, Fleisch und Honig. Bei uns in Loango gelangen sie zum Beispiel über die geschickte Nutzung von speziellem Werkzeug, an Honig aus Untergrundbienennestern (Estienne und Kollegen, 2017). Der Fleischkonsum wird über die Jagd auf andere Tiere befriedigt. Es ist jedoch noch zu klären, inwiefern Saisonalität einen Einfluss auf das Jagdverhalten in verschiedenen Schimpansenpopulationen hat. Andere Faktoren, die zu berücksichtigen sind, wären: Präsenz/Abwesenheit von Beutespezies, andere Fressfeinde mit denen die Schimpansen im Wettbewerb stehen oder der Einfluss von Menschen (McGrew, 1983).


Häufig teilen wir Menschen gerne unser Essen, aber wie sieht es da bei den Schimpansen aus? Essen sie auch mit Freunden und Verwandtschaft? Unabhängig von uns Menschen, ist das Teilen von Nahrung, außerhalb von Fortpflanzung und Verwandtschaft, eine Rarität im Tierreich. Jedoch gibt es da auch Ausnahmen! Zum Beispiel Schimpansen oder Bonobos. Einblicke in ihr Verhalten könnte uns helfen die Evolution menschlicher Kooperation besser zu verstehen. Lassen Sie uns dafür nun einmal genauer hinschauen.


Einer Studie zufolge teilen Schimpansen gerne mit ihren Freunden. Darauf haben auch dominantere und bettelnde Artgenossen keinen großen Einfluss (Samuni und Kollegen, 2018). Es gibt zwar Variation, wenn es ums Teilen von Ressourcen geht, jedoch wird bei Schimpansen generell viel geteilt (Silk und Kollegen, 2013). Andere Studien zeigen, dass männliche Schimpansen mit empfänglichen weiblichen Schimpansen teilen. Im Gombe Nationalpark in Tansania konnte man dabei einen positiven Einfluss auf direkte (Stanford, 1998) und zukünftige Paarung feststellen. Im Nationalpark Taï in der Elfenbeinküste konnte man das nur für zukünftige Paarung nachweisen (Gomes & Boesch, 2011). Des Weiteren teilen männliche Schimpansen auch mit anderen männlichen Schimpansen, wenn diese bereits mit ihnen geteilt haben oder die anderweitig verbündet sind. Diese Beobachtungen konnten in Uganda und der Elfenbeinküste gemacht werden (Mitani & Watts 1999, 2001; Boesch & Boesch-Achermann 2000; Mitani 2006). Zudem wird auch häufig nach der Jagd geteilt (Silk und Kollegen, 2013). Jedoch gibt es auch "tolerierten Diebstahl" (Blurton Jones, 1984) und Teilen-unter-Druck (Wrangham 1975; Stevens & Stephens 2002; Stevens & Gilby 2004). Das bedeutet das männliche Schimpansen Teile der Beute abgeben, weil sich der Kraftaufwand der zur Verteidigung gegen die Bettler nötig wäre nicht lohnt. Auch hierfür stammen die Beobachtungen aus dem Gombe Nationalpark in Tansania.


Bisher haben wir nur die generellen Mechanismen betrachtet, die beim Teilen von Nahrung wichtig sind. Wie sieht es jedoch tatsächlich aus, wenn bei Schimpansen geteilt wird? Dafür nutzen die Schimpansen eine Menge Gesten. Dazu zählt das Ausstrecken der Hand oder das "Sich-Gehör-Verschaffen" durch Vokalisation (grunzen und winseln). Wenn Schimpansen sich über ihre Nahrung freuen kann das durch Umarmungen, Berührungen, Küsse oder sozio-sexuellem Verhalten zum Ausdruck gebracht werden.


So viel nun zum beobachtbaren Teil des Verhaltens. Lassen Sie uns aber nun einen Blick in das "Innere" der Schimpansen beim Teilen werfen. Oxytocin, oder im allgemeineren auch als das "Liebeshormon" bekannt, kann nicht nur in uns Menschen gefunden werden. Auch bei Schimpansen ist es nachweisbar und kann deshalb dafür genutzt werden, um noch ein wenig mehr über das prosoziale Verhalten der Schimpansen zu erfahren. Samuni und Kollegen (2018) konnten zum Beispiel eine hohe Konzentration Oxytocin feststellen, wenn Fleisch oder andere wertvolle Nahrungsmittel nach der Jagd miteinander geteilt wurden. Es könnte also sein, dass Oxytocin ein Schlüsselhormon für die Entwicklung von kooperativem Verhalten ist. Davon mal abgesehen scheinen die Oxytocin-Effekt für Honig und Fleisch am stärksten zu sein. Das heißt irgendetwas besonderes haben diese beiden Dinge an sich. Aber das ist eine Geschichte für ein anderes mal!


Geteilt wird aber nicht nur bei der Nahrung. Es werden auch Werkzeuge geteilt und Fähigkeiten weitergegeben. Für viele wilde Schimpansen ist das Nutzen von Werkzeugen äußerst wichtig und essentiell. Jedoch ist das Lernen dieser Fähigkeiten kein leichtes Unterfangen. Die meisten Beobachtungen hierzu stammen von Mutter-Kind Beziehungen.

Unabhängig davon resultiert die Weitergabe von Werkzeug in einer Minderung an Nutzung und Futtermenge für denjenigen, der sein Werkzeug hergibt. Für den der das Werkzeug erhält bedeutet es wiederum das Gegenteil. Da die Abgabe von Werkzeug mit großen Kosten verbunden ist, haben diejenigen die es tuen aber Strategien entwickelt um diesen Verlust wieder auszugleichen. Ein Beispiel für die Weitergabe von Werkzeug bei uns in Loango ist die Extraktion von Honig aus Untergrundbienennestern. Weil die Nutzung der besagten Werkzeuge schwer ist und von einem erfahreneren Schimpansen zu einem weniger kompetenten Artgenossen vollzogen wird kann man an dieser Stelle auch von Lehre sprechen.


Im Video: Rekambo Schimpansen holen Honig aus einem Untergrundbienennest


An dieser Stelle würden wir gerne unseren Artikel schließen und in kurzen Worten die Möglichkeiten von Lernprozessen und Evolution in einem interessanten Zitat zusammenfassen: “Teach a chimpanzee to fish for insects to eat, and you feed her for a lifetime. Teach her a better way to use tools in gathering prey, and you may change the course of evolution.” (Musgrave, 2019)


Bis bald,

Euer Ozouga-Blogging-Team



Quellen:

  1. (1936), Some Problems concerning the Feeding Behaviour of Monkeys. By Professor DAVID KATZ, Ph.D., and ROSA KATZ, Ph.D.*. Proceedings of the Zoological Society of London, 106: 579-582. https://doi.org/10.1111/j.1469-7998.1936.tb08519.x

  2. Samuni L., Preis A., Mielke A., Deschner T., Wittig R. M. and Crockford C. 2018. Social bonds facilitate cooperative resource sharing in wild chimpanzees. Proc. R. Soc. B. 285: 20181643 20181643 https://doi.org/10.1098/rspb.2018.1643

  3. Estienne, Vittoria & Stephens, Colleen & Boesch, Christophe. (2017). Extraction of honey from underground bee nests by central African chimpanzees ( Pan troglodytes troglodytes ) in Loango National Park, Gabon: Techniques and individual differences. American Journal of Primatology. 79. 22672. 10.1002/ajp.22672.

  4. Washington University in St. Louis. "Chimpanzees more likely to share tools, teach skills when task is complex: Study has implications for evolution of technology and culture in humans." ScienceDaily. ScienceDaily, 24 December 2019.

  5. Silk, Joan & Brosnan, Sarah & Henrich, Joseph & Lambeth, Susan & Shapiro, Steven. (2013). Chimpanzees share food for many reasons: The role of kinship, reciprocity, social bonds and harassment on food transfers. Animal Behaviour. 85. 941–947. 10.1016/j.anbehav.2013.02.014.

  6. Stephanie Musgrave, Elizabeth Lonsdorf, David Morgan, Madison Prestipino, Laura Bernstein-Kurtycz, Roger Mundry, Crickette Sanz. Teaching varies with task complexity in wild chimpanzees. Proceedings of the National Academy of Sciences, 2019; 201907476 DOI: 10.1073/pnas.1907476116

  7. McGrew, W.C. Animal foods in the diets of wild chimpanzees (Pan troglodytes): Why cross-cultural variation?. J. Ethol. 1, 46–61 (1983). https://doi.org/10.1007/BF02347830

  8. Stanford, CB. Chimpanzees and Red Colobus. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press; 1998.

  9. Gomes CM, Boesch C. Wild chimpanzees exchange meat for sex on a long-term basis. PLoS One. 2011; 4:e5116. [PubMed: 19352509]

  10. Mitani, JC. Reciprocal exchange in chimpanzees and other primates. In: Kappeler, PM.; van Schaik, CP., editors. Cooperation in Primates: Mechanisms and Evolution. Heidelberg: Springer-Verlag; 2006. p. 101-113.

  11. Mitani JC, Watts DP. Demographic influences on the hunting behavior of chimpanzees. American Journal of Physical Anthropology. 1999; 109:439–454. [PubMed: 10423261].

  12. Mitani JC, Watts DP. Why do chimpanzees hunt and share meat? Animal Behaviour. 2001; 61:915– 924.

  13. ​​Blurton Jones NG. A selfish origin for human food sharing: tolerated theft. Ethology and Sociobiology. 1984; 5:1–3.

  14. Wrangham, RW. Ph.D. thesis. Cambridge University; 1975. Behavioural ecology of chimpanzees in Gombe National Park, Tanzania.

  15. Stevens JR, Stephens DW. Food sharing: a model of manipulation by harassment. Behavioral Ecology. 2002; 13:393–400.

  16. Stevens JR, Gilby IC. A conceptual framework for nonkin food sharing: timing and currency of benefits. Animal Behaviour. 2004; 67:603–614.

  17. Boesch, C.; Boesch-Achermann, H. The Chimpanzees of the Taï Forest: Behavioural Ecology and Evolution. Oxford: Oxford University Press; 2000.


Aktualisiert: 2. Okt. 2021


Schimpansen (Pan troglodytes) gehören zu unseren engsten Verwandten. Unser genetischer Code überschneidet sich zu 98%. Es gibt nur ein Problem. Sie werden immer weniger! Schätzungen zufolge gibt es nur noch ungefähr 170,000 bis 300,000 wild lebende Schimpansen. Der Trend ist weiterhin nicht vielversprechend.

Die einschneidendsten Faktoren, die eine Gefahr für die Schimpansen darstellen lassen sich auf einen gemeinsamen Nenner zurückführen - den Mensch!

Zu den Gefahren, die wir den Schimpansen aussetzen gehören unter anderem: Wilderei, der Verlust von Lebensraum und Krankheiten (auch solche, die wir auf die Schimpansen übertragen). Diese drei Faktoren sind momentan hauptursächlich für die Bedrohung der Schimpansen.


Leider ist die Bekämpfung dieser Faktoren nicht so einfach. Die Gegenden in denen Menschen und wilde Tiere, zum Beispiel Menschenaffen, aufeinandertreffen, sind häufig Gegenden in denen der Zugang zu Bildung und die finanzielle Situation der Anwohner eine erschwerende Bedingung darstellen. Das bedeutet unter anderem, dass die lokale Bevölkerung verzweifelt nach Wegen sucht, wie sie sich und ihre Familien versorgen können.


Glücklicherweise, scheint es jedoch einen Lösungsansatz für unser Problem zu geben, der besonders vielversprechend scheint: FORSCHUNG!


Einige Studien zeigen nämlich, dass die Präsenz von Forschern und Forschungscamps einen positiven Einfluss auf den Bestand von Schimpansen hat.

Pusey und Kollegen (2007) konnten zum Beispiel vier Vorteile von Forschungen im Gombe Nationalpark in Tansania feststellen.

  1. Durch Jane Goodall's bahnbrechende Forschung, die uns die Dringlichkeit des Schutzes der Schimpansen aufgezeigt hat, kam es zu Aufmerksamkeit für das Forschungsgebiet, in dem sie arbeitete. Das resultierte sogar darin, das Gombe zum Nationalpark erklärt wurde. Das brachte eine Menge Vorteile für das dortige Ökosystem und seine Bewohner mit sich.

  2. Ihre Forschung zog weltweite Unterstützung für Gombe und Tansania mit sich: Touristen und Geldgeber sorgten dafür, dass die finanziellen Mittel zum Erhalt der Region, des Parks und dem Schutz der Schimpansen gegeben waren.

  3. Die Forschung lieferte essentielle Informationen über soziale Strukturen und die Nutzung des Lebensraums der Schimpansen. Nicht nur im Gombe Nationalpark, auch an vielen anderen Orten.

  4. Ihre detaillierte Forschung erlaubte ein genaues Verfolgen der dortigen Schimpansen-population und half dabei wichtige Bedrohungen für sie zu identifizieren.


Des Weiteren konnten andere Studien zeigen, dass die Präsenz von Forschern einen starken positiven Effekt auf das Unterbleiben von Wilderei in der Nähe des Forschungsstandortes hat. (Köndgen und Kollegen, 2008).


Zusammengenommen können wir also behaupten, dass wir mit Forschung zwei von drei möglichen Bedrohungen (Wilderei und Verlust von Lebensraum) angehen können. Leider können Forscher mit ihrer Präsenz oder der sogenannte "Affentourismus" das dritte Problem aber noch verstärken - die Übertragung von Krankheiten. Diese beiden Umstände bringen Mensch und Schimpanse unvermeidbar näher zusammen (Köndgen und Kollegen, 2008), oft mit fatalen Konsequenzen für die Schimpansen.


An dieser Stelle ist es nur fair zu fragen, in welchem Verhältnis die Risiken der Forschung (und des "Affentourismus") zu den Vorteilen stehen? Jedoch ist an dieser Stelle auch anzumerken, dass Forschung überhaupt erst das Entdecken dieser Umstände möglich gemacht hat. Mal abgesehen davon, dass Forschung gleichzeitig auch Methoden bereitstellt, mit denen wir die Gefahren minimieren oder beseitigen können.

Zum Beispiel haben Köndgen und Kollegen (2008) auch zeigen können, dass ein kontrollierter und regulierter Kontakt von Mensch zu (Menschen-)Affe das Risiko für die Übertragung von Krankheiten stark verringern kann. Konkret bedeutet das Abstand beim beobachten und das Tragen einer Maske. Letzteres sollte aufgrund der aktuellen globalen Pandemie ein vertrauter Umstand sein.


Zu alledem kommt auch noch hinzu, dass Forschung uns Wissen bereitstellt. Wissen ist Kernbestandteil für das Finden von Lösungen. Wissen ermöglicht zudem auch noch Bildung. Bildung kann als Konsequenz den Schutz von Schimpansen bedeuten.


Deswegen sagen wir: Forschung bedeutet Schutz!




Quellen


Köndgen, S., Kühl, H., N'Goran, P. K., Walsh, P. D., Schenk, S., Ernst, N., ... & Leendertz, F. H. (2008). Pandemic human viruses cause decline of endangered great apes. Current Biology, 18(4), 260-264.


Pusey, A. E., Pintea, L., Wilson, M. L., Kamenya, S., & Goodall, J. (2007). The contribution of long‐term research at Gombe National Park to chimpanzee conservation. Conservation Biology, 21(3), 623-634.




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